Die 6 wichtigsten Einflüsse auf den Sound von E-Gitarren

Vorweg: Instrumente, die in den USA gefertigt wurden, klingen nicht per se besser als jene, die in Mexiko oder Korea vom Band laufen. Die allgemeine Güte aller Komponenten ist sicherlich entscheidend für die Qualität einer Gitarre, aber auch eine Bullet-Strat kann zu einem guten Instrument werden.

Allerdings benötigen günstigere Gitarren i.d.R. einiges an Nacharbeit, damit es auch Freude macht, sie zu spielen (siehe hierzu meinen Artikel: Wie man aus jeder Strat oder Tele ein Custom-Shop-Instrument macht).

Ich habe Instrumente in allen Preisklassen gespielt – jene Instrumente, in welche am meisten menschliche Arbeit geflossen ist (bereits in der Fabrik oder auch danach), waren immer die besten. Da dies nun geklärt ist, kann es losgehen 🙂

Meine Liste mit den wichtigsten Soundfaktoren bei E-Gitarren

Nach Priorität:

1. Pickup-Art und Einstellung der Höhe

Allgemein schreibe ich den Pickups zwar einen deutlichen Einfluss auf den Sound zu, aber am wenigsten Voodoo. Damit meine ich, dass sich die Pickups durch klar definierbare bauliche Kriterien unterscheiden, die dann insgesamt den individuellen Sound formen. Die wichtigsten sind:

  1. Grundlegender Aufbau (Singe-Coil, Humbucker, Noiseless, …)
  2. Anzahl der Windungen, Drahtstärke und die daraus resultierenden kΩ
  3. Magnet-Material
  4. Details wie z.B. Staggered Pole Pieces

Ich habe einmal in ein Set Kloppmann-Pickups investiert, die wirklich sehr gut sind. Wenn es etwas günstiger sein soll, findet man im Fender-Zubehör für jede Soundvorstellung das richtige Single-Coil-Set. Zu erwähnen sind da insbesondere die Custom ’69 (knochiger Hitmaker-Sound), Fat ’50s (sehr klassischer Strat-Sound) und die Tex-Mex/Texas Special (moderner Strat-Sound mit etwas mehr Output). Was Humbucker angeht, wird man z.B. bei Seymour Duncan fündig.

Dieses Video zeigt verschiedene Single-Coil-Pickups im direkten Sound-Vergleich (wobei man festhalten muss, dass es auch weitere Unterschiede in den Gitarren gibt). Man stellt fest, dass man von teuren Pickups im Vergleich zu hochwertigen Mid-Price-Sets auch keine Wunder zu erwarten hat.

Aufschlussreicher Sound-Vergleich verschiedener Single-Coils.

Saiten-Abstand zu den Pickups

Der Abstand von den Pickups zu den Saiten ist eine wesentliche Möglichkeit, den Sound einer E-Gitarre zu beeinflussen. Je näher die Pickups an die Saiten gedreht werden, desto komprimierter und bassreicher wird der Sound (Nahfeldeffekt). Allerdings beeinflussen die Magnete der Pickups auch die Saiten in ihrer Schwingcharakteristik, deswegen sollte man es nicht übertreiben. Zudem gibt es insbesondere bei den Bass-Saiten bei zu hoch gestellten Pickups bei stärkerem Anschlag manchmal eine Art Übersteuerung, die ich am ehesten als Wummern beschreiben würde.

Ich stelle immer zuerst ein solides Basis-Setup ein, wie man es in dem folgenden Video sehen kann. Danach spiele und höre ich dann, was die Gitarre an individueller Feinjustierung benötigt.

Vintage-Fans wählen den Abstand von Pickups zu Saiten übrigens häufig bewusst eher größer, weil der Sound dann dynamischer wird und weniger modern klingt.

Dann bleibt noch zu erwähnen, dass man bei den meisten Pickups die beiden Seiten separat in der Höhe einstellen kann. Hierüber ist es bestenfalls möglich, einen ausgewogenen Gesamtsound zu erzielen.

Des Weiteren kann man bei manchen Pickups die Höhe der einzelnen Polepieces einstellen, um die Lautstärke der Saiten untereinander zu optimieren. Ein kleiner Geheimtipp: Auch bei den Fender-Pickups kann man die Magnete in der Höhe verstellen, hier ein gutes Video dazu (ich übernehme keine Gewähr):

Was ich anders mache, als in dem Video zu sehen ist: Den Radius der Magnete der Saiten anzugleichen halte ich für falsch, da die Saiten mit und ohne Wound eine unterschiedliche Charakteristik haben. Ich drücke lediglich die Magnete der G-Saite auf die selbe Höhe wie die H-Saite (das geht auch ohne Ausbau der Pickups) und erziele damit einen sehr harmonischen Gesamtsound.

Zum Schutz lege ich ein Plektron unter, zum drücken benutze ich die Rückseite eines Körners
Die so heruntergedrückten Pole-Pieces der G-Saite fügen sich viel harmonischer in die Lautstärke ein

2. Setup / Saitenhöhe

Das allgemeine Setup der E-Gitarre hat einen signifikanten Einfluss auf den Sound: Auf die Obertöne (die zum Teil vom Schnarren kommen), das Sustain und die Dynamik (Lautstärke-Umfang). Unter Setup verstehe ich die perfekte Einstellung von:

  1. Halskrümmung
  2. Sattelkerben (Tiefe, Breite und Winkel)
  3. Halswinkel
  4. Saitenhöhe (Saitenlage)
  5. Zustand der Bünde (ggf. abrichten)
  6. Anpressdruck auf den Sattel (z.B. durch String Guides, aber auch durch die Besaitungs-Technik)
  7. Oktavreinheit

Mit der Zeit habe ich das nötige Werkzeug angesammelt und mir die Fähigkeiten angeeignet, um E-Gitarren perfekt einzustellen. In diesem Artikel gehe ich genauer darauf ein, wie man das selber machen kann. Wer dies nicht möchte, kann seine Gitarre zu einem guten Gitarrenbauer bringen (nach Empfehlungen fragen) – fast jede Gitarre wird hiervon in ungeahntem Maße profitieren.

Werkzeuge zum Einstellen einer E-Gitarre

Der Preisunterschied zwischen günstigen und teuren Gitarren, beispielsweise einer Bullet-Strat und einer Masterbuilt, lässt sich übrigens hauptsächlich durch die (menschlichen) Arbeitsstunden rechtfertigen, die in ein Instrument geflossen sind. Und das spürt man deutlich! Siehe hierzu auch meinen Artikel: Wie man aus jeder Strat oder Tele ein Custom-Shop Instrument macht).

3. Der Hals

Ich besaß einmal zwei baugleiche USA-Strats, die trotzdem unterschiedlich klangen. Das fand ich spannend, also begann ich zu experimentieren, indem ich Komponenten zwischen den Gitarren austauschte. Letztendlich stellte ich fest, dass sich der spezielle Sound beider Gitarren ausschließlich durch das Tauschen der Hälse übertragen ließ. Deshalb bin ich heute der Überzeugung, dass der individuelle Sound jeder Gitarre gleicher Bauart größtenteils vom Hals bestimmt wird.

Ja, kurze Mensur klingt anders als lange Mensur, Rosewood klingt anders als Maple, aber das ist noch nicht alles! Jeder Hals klingt darüber hinaus einfach anders und verleiht jeder Gitarre ihre unverwechselbare Sound-Nuance. Hier liegt meiner Meinung nach der größte Voodoo, da man beim Gitarrenbau keine vollständig reproduzierbaren Ergebnisse erzielen kann (zumindest vermute ich das, bin kein Gitarrenbauer).

Deshalb lohnt es sich, im Gitarrenladen nach mehreren Gitarren des gleichen Modells zu fragen, um sie vor dem Kauf miteinander zu vergleichen. Leider macht man sich damit ziemlich unbeliebt (spreche aus eigener Erfahrung), da die Gitarren hierfür meist aus dem Lager geholt und ausgepackt werden müssen 🙂

Den Unterschied hört man schon, wenn das Instrument noch gar nicht am Verstärker angeschlossen ist: Jede E-Gitarre gleicher Bauart klingt bereits akustisch total unterschiedlich (Achtung, kann auch an Punkt 1 oder 2 liegen, siehe oben!)

4. Zustand der Saiten

Was mich wirklich wundert, ist, dass dieser Punkt bei der Bewertung vom Gitarrensound so häufig vernachlässigt wird. Dabei haben die Saiten einen erheblichen Einfluss: Ein frisch aufgezogener Satz Saiten klingt um Welten brillanter und metallischer (mir persönlich zu harsch), als mit Fett- und Hautrückständen vollendet-gereifte “Jahrgänge”.

Nach etwa 3 Tagen gelegentlichem Spielens und ungereinigtem wegstellens verändert sich der Sound der Saiten erstmals hörbar, je nach produzierter Fingerschweiß-Menge und Zusammensetzung (ja, da gibt es deutliche Unterschiede) mehr oder weniger. Saiten altern nämlich je nach Gitarrist unterschiedlich! Bei mir z.B. rosten sie nie und erreichen nach etwa 2 Wochen einen Zustand, den sie dann solange halten, bis sie irgendwann reißen. Andere Gitarristen hingegen berichten davon, dass gewöhnliche Saiten bei ihnen bereits nach wenigen Tagen Rost ansetzen.

Gitarre in fortgeschrittenem Zersetzungszustand: Eine feine Herausforderung für den enthusiastischen Gitarrenbastler!

Ich habe mal eine Gitarre mit sehr rostigen Saiten gespielt, die ungewöhnlich brillant klang. Nachdem ich sie kaufte und neue Saiten draufzog, änderte sich der Sound kaum. Nach zwei Wochen war der Sound dann gewohnt “mellow”, so wie ich ihn mag. Mein Resümee daraus ist, dass sich der Sound der Saiten dem Gitarristen angleicht! Klingt schon sehr nach Voodoo, aber da ist was dran!

Im Allgemeinen scheinen die Produkte verschiedener Hersteller auch noch einen leicht unterschiedlichen Sound zu haben, allerdings halte ich das für vernachlässigbar, solange wir über die selbe Art Saiten reden (Saitendicke und Material). Es gibt z.B. beschichtete Saiten, die versprechen, nichts an Brillanz einzubüßen (Nanoweb, Polyweb, etc.). Das wäre allerdings für mich eher ein Grund, sie nicht zu kaufen.

Die Dicke der Saiten hat natürlich auch einen Einfluss auf den Sound, allerdings ist dieser geringer, als man denkt. Hier würde ich mich eher für eine Dicke entscheiden, welche sich persönlich gut anfühlt. Für mich ist das bei Gitarren mit langer Mensur 010-046 (z.B. Ernie Ball Regular Slinky) und bei kurzen Mensuren 015-048 (z.B. D’Addario EXL110+).

Noch kurz my 2 Cents zu Edelstahl-Saiten: Ich finde es keine gute Idee, Saiten aus einem Material zu verwenden, welches härter ist als die Bundstäbchen. Die Saiten sollten den Abrieb-Kampf immer verlieren, nicht die Bünde! Sofern man keine Nickelallergie hat, sollte man sich also für Nickel-Wound-Saiten entscheiden.

5. Elektronik

Solange wir über passive Standard-Gitarren-Schaltungen sprechen, bezieht sich dieser Punkt fast ausschließlich auf die verbauten Potentiometer. Diese haben klassischerweise einen Widerstand von 250 kΩ bei Single-Coil-Gitarren und 500 kΩ bei Humbucker-Gitarren. Je höher der Wert, insbesondere beim Volume-Poti, desto weniger wird der Sound gedämpft (oder desto mehr Höhen kommen durch).

Elektronik einer John Cruz Masterbuild Stratocaster mit S-1 Switch. Die Kabel sind wahrlich meisterhaft verlegt!

Man kann auch bewusst beispielsweise bei Single-Coil-Gitarren Potis mit 500 kΩ oder sogar No-Load-Potis einbauen, um die Dämpfung fast vollständig zu eliminieren. Allerdings führt das auch zu einem sehr harschen Sound, der mir persönlich nicht gefällt.

Übrigens gibt es ziemliche Toleranzen bei den Potis, welche bei der 250 kΩ Variante von fast 200 kΩ bis 300 kΩ reichen. Deshalb kann eine Selektierung von Potis sinnvoll sein, um sie auf den individuellen Sound einer Gitarre zu fitten und so das Letzte rauszuholen. Hierfür kauft man einfach paar Dutzend Potis, misst sie durch und legt sie sich mit dem ermittelten Wert beschriftet aufs Lager… Wenn man so bekloppt ist wie ich! Oder man lässt es einfach 🙂

Ach ja, nur damit das auch mal gesagt wird: Ölgetränkte Kondensatoren aus alten UDSSR-Beständen klingen kaum anders, als 20-Cent-Kondensatoren aus dem Elektronik-Supermarkt.

6. Brücke

Lange Zeit war ich der Meinung, dass unterschiedliche Brücken ähnlicher Bauart gar keinen Einfluss auf den Sound haben. Und ich bin mir immer noch sicher, dass der Einfluss im Verhältnis zu den oben genannten Punkten gering ist. Fakt ist natürlich, dass die Brücke in jedem Fall einen sauberen und dämpfungsfreien Kontaktpunkt zwischen Saiten und Body bieten muss. Bei der Stratocaster macht es beispielsweise einen Unterschied, ob das Tremolo-System freischwingend ist oder in eine Richtung blockiert. Je fester der Kontaktpunkt zwischen Brücke und Body ist, desto mehr Sustain hat die Gitarre beispielsweise.

Restaurierungsbedürftige Paula-Kopie mit Tune-O-Matic Bridge

Was tatsächlich einen signifikanten Einfluss hat, sind die unterschiedlichen Bauarten von Brücken bei den verschiedenen Gitarren-Typen: Strat-Brücke, Tele-Brücke, Tune-o-matic, Jazzmaster/Jaguar-Brücke, Bigsby, … Diese lassen sich aber konstruktionsbedingt meist nicht sinnvoll untereinander tauschen.

7. Body

Der Body hat meiner Erfahrung nach eher wenig Einfluss auf den Sound. Ich habe sehr leichte Strats (Masterbuilt) und sehr schwere (79er) gespielt, und ich konnte dem Gewicht keine konkreten Sound-Eigenschaften zuschreiben. Die Art des Holzes (Stichwort “Klangholz”) halte ich beim Konzept einer Full-Body E-Gitarre für vernachlässigbar. Auch, aus wie vielen Teilen der Korpus zusammengeleimt wurde, spielt was den Sound betrifft m.E. keine Rolle.

In der Summe aller Teile hat der Body sicherlich irgendeinen Einfluss auf den Gesamtsound der Gitarre, nur meines Erachtens eben nicht viel. Relevant ist hier allerdings die spielfreie und feste Verbindung von Hals und Brücke.

Fazit

Wenn man seine perfekte Gitarre finden möchte, dann muss man entweder viel Glück haben oder einfach viele Gitarren ausprobieren. Hat man ein Instrument mit Potential (insbesondere bei günstigeren Gitarren), lohnt sich der Gang zum Gitarrenbauer für ein umfangreiches Setup fast immer. Ein solides Pickups-Set als Upgrade kann darüber hinaus bei günstigen Gitarren den entscheidenden Unterschied machen.

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